18.03.2016

Kribbeln, Taubheit oder Brennen der Füße und in den Beinen

– mögliche Symptome der Nervenerkrankung Polyneuropathie

von Dr. Sonja Stöve
Chefärztin Neurovaskuläre Medizin
Leiterin des Schlaganfallzentrums
Bonifatius Hospital Lingen

Die Polyneuropathie (PNP) ist eine Erkrankung der peripheren Nerven, meistens beginnend an den feinen Nerven-Endigungen der unteren Extremitäten. Es handelt sich dabei um die Folge einer strukturellen Schädigung der Nerven.

Nerven bestehen -grob beschrieben- aus einem leitenden Kabel (Axon) ähnlich einem Stromkabel und einer Isolierschicht (Myelinschicht). Beide Bestandteile können betroffen sein, meistens jedoch primär nur eine. Welche, wird bestimmt durch die zugrunde liegende Ursache. Daher spricht der Fachmann von primär axonaler oder demyelinisierender Form.

Symptome:

Die häufigsten Symptome sind Kribbelmissempfindungen, Spannungsgefühl der Füße, der Fußsohlen, oder auf dem Fußrücken; je nach Ursache, sich rascher oder langsamer weiter strumpfförmig nach oben ausbreitend; selten höher als die Knie oder die oberen Extremitäten betreffend. Letzteres meistens bei den selteneren erblich bedingten Polyneuropathien. Neben Sensibilitätsstörungen können auch leichte, meist symmetrische Lähmungserscheinungen beider Füße und Störungen der vegetativen Versorgung der Haut und Gefäße (Schweißproduktion, Durchblutung etc.) auftreten.

Einteilung:

Die Polyneuropathie ist entweder angeboren, also genetisch bedingt, oder erworben. Eine sogen. erworbene PNP ist meistens Folge einer Grunderkrankung, die sekundär die Nervensubstanz schädigt. Denn im Rahmen vieler Erkrankungen werden schädigende Eiweißbausteine produziert (z.B. bei Autoimmunerkrankungen, Tumor – und Stoffwechselerkrankungen, etc.), die sich schädigend auf den Nerven ablagern. Auch können Infektionserreger direkt oder indirekt die Nervensubstanz schädigen: direkt durch toxische Substanzen und indirekt durch die Immunreaktion, die durch sie ausgelöst wird und im Verlauf - häufig sogar Jahre nach Abklingen der Infektion - eine autoimmunologische Reaktion an der Nervensubstanz hervorruft. Eine große Bedeutung kommt dabei der Hepatitis B und C zu, die selbst Jahre nach Ausheilung der Erkrankung eine PNP auslösen kann. Weitere PNP-Ursachen können Vitamin- oder andere Mangelzustände, Medikamentennebenwirkungen (insbes. Chemotherapie) und vieles mehr sein. Die häufigste Ursache ist allerdings der Diabetes mellitus, wenn die Blutzuckerwerte über einen längeren Zeitraum unzureichend eingestellt sind.

Eine PNP kann auch als eigenständiges Krankheitsbild auftreten ohne ein Begleitsymptom einer Grunderkrankung zu sein. In diesen Fällen handelt es sich bei der PNP um ein sogenanntes idiopathisches Krankheitsbild. D.h. die Erkrankung ist ein eigenständiges Krankheitsbild, ohne dass eine zugrunde liegende Ursache gefunden werden kann – oft allein altersbedingt.

Eine weitere große Gruppe umfasst die eher seltenen sogenannten hereditären Polyneuropathien. Dabei handelt es sich um Nervenerkrankungen, die aufgrund eines Bauplanfehlers im menschlichen Erbgut entstehen. Die ersten Symptome treten i.d.R bereits im jungen Erwachsenenalter auf und sind kausal nicht zu therapieren.

Bei den erworbenen Polyneuropathien gilt es, diese zu identifizieren und die Ursache zu ergründen, da es oftmals möglich ist, damit das Fortschreiten der PNP zu verhindern. Daher steht zu Beginn der ärztlichen Intervention nach Erstkontakt des Patienten, zunächst eine akribische Suche mit umfangreicher Diagnostik, die sicherlich auf Patienten befremdlich wirken mag, zumal er nur Messungen an den Nerven erwartet und Magen-, Darmspiegelung, etc. vorgeschlagen bekommt.

Diagnostik:

Am Anfang einer Behandlung steht somit immer die ausführliche Ursachenabklärung mittels umfangreicher Laboruntersuchungen (Blut, Nervenwasser) sowie die Suche nach evtl. ungewöhnlichen Ernährungsgewohnheiten, nach familiärer Belastung, Infektions-, Stoffwechsel-, Tumor-, rheumatologischen Erkrankungen (Diabetes mellitus, Rheuma, Krebserkrankungen, etc.). Oft beinhaltet eine PNP-Diagnostik einen sogenannten bildgebenden Rundumschlag mit Schichtaufnahme des Brust- und Bauchraums, Magen – Darmspiegelung, etc. Desweiteren MRT der Wirbelsäule, um Kompressionssyndrome der Nerven an ihrem Ursprung an der Wirbelsäule auszuschließen sowie die Messung der Nervenleitgeschwindigkeit, um das Ausmaß der Schädigung zu ermitteln.

Therapie:

Es wird die kausale - also auf die Ursache gerichtetes- von der symptomatischen Therapie unterschieden. Primäres Ziel ist es, das Fortschreiten der unangenehmen Symptome zu verhindern. Dies kann nur durch Behandlung der Ursache und damit der meistens zugrundeliegenden Systemerkrankung geschehen. Oftmals sind die Symptome damit leider nicht mehr zu mindern außer bei z.B. der diabetischen und alkoholtoxischen PNP, wenn die Symptome evtl. erst nur wenige Wochen bestehen. Ansonsten bleibt nur noch die sogenannte symptomatische Therapie, die eine medikamentöse Behandlung zur Linderung der Symptome vorsieht.

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