Die einzelnen Operationsverfahren
Es gibt verschiedene Operationsverfahren bei Übergewicht (Adipositas), die sogenannte Adipositas-Chirurgie. Welches Operationsverfahren für den einzelnen Patienten geeignet ist, hängt von der individuellen Situation ab. Wir beraten ausführlich über das jeweils optimale Therapieverfahren.
Magenbypass
Der Magenbypass ist weltweit die am häufigsten eingesetzte Operation gegen Übergewicht. Er wurde schon vor der Ära der „Schlüsselloch-Chirurgie“ angelegt. Es liegen also gute Erfahrungen aus vielen Jahrzehnten vor. Er ist der „Goldstandard“.
Wir führen die Operation laparoskopisch (= durch Bauchspiegelung) durch. Die Operation wirkt durch eine Beschränkung der Nahrungsaufnahme und gleichzeitig eine Verschlechterung der Verdauungsleistung (restriktiv und malabsorptiv). Bei der Operation wird am Magen hinter der Einmündung der Speiseröhre ein kleiner „Pouch“ herausgetrennt, an den dann eine Darmschlinge genäht wird. Diese geht dann am „eigentlichen“ Magen vorbei („Bypass“ = „Umleitung“). Nach einer Strecke von 150 cm wird diese Darmschlinge („alimentäre Schlinge“= Nahrungsschlinge) mit dem Darm, der vom Zwölffingerdarm kommt und die Verdauungssäfte aus der Bauchspeicheldrüse und die Gallenflüssigkeit führt („biliopankreatische Schlinge“= Galle-Bauchspeicheldrüsen-Schlinge) zusammen genäht. (In der Abbildung ist diese Strecke zur besseren Übersicht kürzer dargestellt.) Die Verdauungssäfte gelangen so also erst später mit der Nahrung zusammen und nicht gleich, wie es ohne diese Operation wäre. Damit wird die Verdauung verzögert und es ergibt sich die kombinierte Wirkung aus Restriktion (Nahrungsbeschränkung) und Malabsorption (Verdauungsstörung), die zu einem dauerhaften Verlust des Übergewichtes führt.
Wenn notwendig kann die Operation mit der Entfernung der Gallenblase (bei Gallensteinen) oder mit der Versorgung es Zwerchfellbruches (bei Sodbrennen) kombiniert werden.
Besonderheiten
- Auf Grund der malabsorptiven Wirkung können nach der Magenbypassoperation Mangelerscheinungen auftreten, es ist eine lebenslange Substitution(Ersatztherapie) mit Vitaminen und Spurenelementen mit Kontrolle der Blutwerte erforderlich. Ein Magenbypass setzt also die Bereitschaft zur lebenslangenNachsorge voraus!
- Nach der Magenbypassoperation ist eine Magenspiegelung im ausgeschalteten Magenanteil nicht mehr möglich. Daher darf ein Magenbypass nicht bei Patienten angelegt werden, die unter Erkrankungen leiden, die regelmäßige Magenspiegelungen notwendig machen.
- Nach der Operation kann es nach der Aufnahme von Zucker zu einem „Dumping-Syndrom“ kommen, also plötzlichem „Schwarz-vor-den-Augen-werden“.Daher darf ein Magenbypass nicht bei Berufskraftfahrern und anderen gefährlichen Berufen angelegt werden.
- Manchmal ist die Operation auch technisch nicht oder nicht mit vertretbarem Risiko möglich, besonders bei extrem übergewichtigen Menschen. Hier verhindert oft eine vergrößerte (Fett-)Leber die Operation, oder es ist nicht möglich den Dünndarm an den Magen hochzuziehen, weil die Blutgefäße des Darmes zu kurz sind.
- Die Refluxkrankheit (Sodbrennen) wird durch den Magenbypass günstig beeinflusst. Zusammen mit dem Bypass erfolgt die Versorgung des den Reflux verursachenden Zwerchfellbruches.
- Auf Diabetes wirkt der Bypass besonders effektiv.
- Bestimmte Medikamente sollen nach Bypass nicht gegeben werden, z.B. Schmerzmittel, die Magengeschwüre verursachen können (es gibt Alternativen!). Die Wirksamkeit der „Pille“ kann durch die Verdauungsstörung nicht garantiert werden, daher muss mit einer anderen Methode verhütet werden. (Schwangerschaften sind nach Bypass aber kein Problem!)
Bei Patienten, bei denen der Magenbypass nicht angelegt werden kann oder darf, oder auch solchen, die ihn nicht wünschen, gibt es als Alternative den Schlauchmagen („Sleeve“).
Schlauchmagen (Sleeve)
Bei der Sleeve-Gastrektomie wird der Magen zu einem zeigefingerdicken Schlauch verkleinert, der überstehende Teil wird entfernt. Die Wirkung ist damit restriktiv (Beschränkung der Nahrungsaufnahme), durch die Resektion wird auch der Ort an der Magenkuppe („Fundus“) entfernt, an dem das „Hungerhormon“ (Ghrelin) gebildet wird.
Auch die Sleeve-Gastrektomie wird endoskopisch operiert. Selbstverständlich ist auch bei der Schlauchmagenoperation die Kombination mit anderen Eingriffen, z.B. der Entfernung der Gallenblase, möglich. Wissenschaftlich ist bis heute nicht geklärt, welches Verfahren, der Bypass oder der Sleeve besser wirkt. Es gibt Untersuchungen, bei denen der Sleeve etwas schlechter abschneidet, aber auch andere, bei denen er gleichwertig ist.
Der Sleeve kommt also für Patienten in Frage, die keinen Bypass wollen (Der Patientenwunsch steht immer im Vordergrund), aber auch für solche, die keinen Bypass angelegt bekommen dürfen oder können. (siehe voriger Abschnitt)
Damit ist der Schlauchmagen das ideale Verfahren gerade für extremes Übergewicht, wo ein Bypass an technische Grenzen stößt. Manche dieser Patienten erreichen nach der Sleeve-Gastrektomie zwar einen ordentlichen Gewichtsverlust, nicht aber das gewünschte Ziel. Bei diesen Patienten kanndann mit geringerem Risiko die ursprünglich nicht mögliche Bypassanlage „nachgeholt“ werden.
Magenband
Das Magenband ist für viele Patienten und Ärzte immer noch die bekannteste Operationsmethode gegen Übergewicht, auch wenn diese Operation heute nur noch in Ausnahmefällen durchgeführt wird. Der Grund dafür liegt in der nicht so guten Wirksamkeit und in Komplikationen, die sich in den Jahren nach der Implantation häufen, so dass oft Revisionsoperationen notwendig werden.
Das Magenband wird um den Mageneingang gelegt, so dass sich ein kleiner „Vormagen“ bildet (siehe Abbildung). Dieser Vormagen ist nach wenigen Bissen voll, so dass man - der Theorie nach - rasch satt ist, damit weniger ißt und abnimmt.
Im Inneren des Magenbandes liegt ein Ballon, der über einen Schlauch in eine unter der Haut gesetzte Kammer („Port“) mündet. Durch Punktion des Ports kann der Ballon aufgefüllt werden, je nach Füllung lässt sich so die Durchtrittsöffnung des Bandes steuern. Magenbandträger müssen oft kontrolliert und geröntgt werden, um die Einstellung zu optimieren.
Attraktiv erscheint, dass das Magenband jederzeit wieder entfernt werden kann, und dass die Verhältnisse an Magen und Darm nicht verändert werden. Problematisch ist die Tatsache, daß der große Fremdkörper auf Dauer bleiben soll. Leider können Flüssigkeiten durch das Band ungehindert durchtreten, und es gibt so viele kalorienhaltige Getränke! Dies führt gerade bei Menschen, die solche Getränke (Limonaden, Speiseeis, Sahne) bevorzugen, auf die Dauer zum Mißerfolg. Nach der ersten Gewichtsabnahme stagniert das Gewicht meistens, oft nehmen die Patienten wieder zu, so daß viele Magenbänder wegen dieses Misserfolges für einen Methodenwechsel wieder ausgebaut werden.
Zum Ausbau zwingen auch Komplikationen wie die Wanderung des Fremdkörpers durch die Magenwand oder andere Probleme.
Ein Magenband kommt heute nur noch in Ausnahmefällen in Frage: Jugendliche, Übergewicht, aber vor allem: keine Süßigkeiten!
Magenballon
Der Magenballon ist eine mit Wasser gefüllte Plastikkugel, die in den Magen durch eine Magenspiegelung eingeführt wird. Der Ballon nimmt Platz im Magen weg, so dass man entsprechend weniger essen kann. Er wird meist mit einem halben Liter gefüllt. Der große Fremdkörper verursacht aber gerade in der ersten Zeit oft Beschwerden wie Druck im Oberbauch oder Übelkeit.
Der Ballon muss laut Zulassung nach sechs Monaten entfernt werden, weil sonst Komplikationen drohen, z.B. eine Leckage, die leere Hülle könnte zu einem Darmverschluss führen. Der Ballon wirddaher auch mit blau gefärbtem Wasser gefüllt, bei einer Leckage würde der blaue Farbstoff resorbiert und über die Nieren mit dem Urin ausgeschieden werden. Der Urin verfärbt sich dann als Warnzeichen grünlich (gelb+blau=grün), wenn das der Fall wäre, schnell ins Krankenhaus, um den Ballon rechtzeitig entfernen zu lassen!
Der Magenballon eignet sich also nicht als Dauertherapie gegen Übergewicht. Bei stark Risiko ist er aber eine sinnvolle vorbereitende Maßnahme: bei durchschnittlich 30 kg Gewichtsabnahme ist das OP-Risiko schon viel geringer.
Mehrzeitiges Vorgehen bei extremem Übergewicht zur Risikominderung
Operationen gegen Übergewicht haben Risiken, siehe den entsprechenden Abschnitt. Bei Patienten mit extremem Übergewicht steigen die Gefahren deutlich an. Um die Risiken beherrschbar zu halten, ist es daher bei solchen Patienten oft sinnvoll, „mehrzeitig“ zu operieren, also nicht „die ganze Operation auf einmal“, sondern alles in verträgliche Portionen verteilt.
So ist es eben nicht ratsam, auf einen Magen-Bypass bei solchen Patienten zu „erzwingen“. Besser ist es (und daher auch bei uns die Praxis!), zuerst eine Schlauchmagenoperation als relativ einfache und risikoarme Operation durchzuführen, und dann nach einem Jahr, wenn das Gewicht schon zurückgegangen ist, mit geringerem Risiko den Bypass oder auch andere Eingriffe wie eine biliopankreatische Diversion anzuschließen.
Auch der Magenballon kann Teil eines mehrzeitigen Vorgehens sein. Nach einer ersten Gewichtsabnahme ist dann die eigentliche Operation einfacher und risikoärmer.