PSMA-Radioligandentherapie
Hintergrund und Therapieprinzip
Das Prostatakarzinom ist der häufigste bösartige Tumor des Mannes. Nach lokaler Therapie (Operation und / oder Bestrahlung) wird beim fortgeschrittenen Prostatakarzinom anschließend oft eine antihormonelle Therapie eingeleitet, die das Wachstum von Tumorzellen verhindern oder verlangsamen soll. Nach längerer Dauer dieser antihormonellen Therapie werden die Tumorzellen jedoch oft resistent gegenüber diesen Medikamenten, so dass bei Fortschreiten der Tumorerkrankung häufig neuere antihormonell wirksame Medikamente und eine Chemotherapie durchgeführt werden.
Ist die Erkrankung trotz antihormoneller und chemotherapeutischer Behandlung im Verlauf wieder auftretend oder weiter progredient, kann eine neue zielgerichtete Therapieoption durchgeführt werden: die sog. PSMA-Therapie. Das PSMA (Prostataspezifisches Membranantigen) ist ein Protein, der auf der Zelloberfläche von Prostatakarzinomzellen in der Regel in großer Anzahl vorhanden ist. Dies macht man sich in der nuklearmedizinischen Diagnostik und Therapie dieser Tumore zunutze, indem man an einen radioaktiven Stoff einsetzt, der an das PSMA bindet, und sogar von den Prostatakrebszellen aufgenommen wird. Das radioaktive Nuklid nennt sich Lutetium (177Lu, ein ß-Strahler). Bei der PSMA-Therapie kann so die radioaktive ß-Strahlung ihre therapeutische Wirkung direkt an den Tumorzellen entfalten. Die therapeutisch wirksame Strahlung dringt nur wenige mm in das Gewebe ein, so dass umliegendes, gesundes Gewebe weitgehend geschont wird.
Bei der PSMA-Therapie handelt es sich um ein palliatives Verfahren bei fortgeschrittenem, metastasierten Prostatakarzinom. Die Therapie ist nach Vorbehandlung mit Androgenrezeptor-blockierender Medikation und Chemotherapeutika zugelassen und von den Krankenkassen (gesetzlich und privat) erstattungsfähig. Die Entscheidung für die Durchführung einer PSMA-Therapie wird nach Vorlage aller relevanten Unterlagen und Abwägung gegenüber anderen verfügbaren Therapieoptionen in einer interdisziplinären Tumorkonferenz getroffen
Terminvereinbarung und Ansprechpartner
Ein Termin für ein Vorgespräch vor PSMA-Therapie kann nach vorheriger Zusendung eines entsprechenden Anforderungsformulars vom behandelnden Urologen/Onkologen telefonisch unter 0591 910-6198 oder per E-Mail an nuklearmedizin@hospital-lingen.de vereinbart werden.
Vorbereitung auf die Therapie
In Vorbereitung auf die Therapie muss eine Bildgebung der Zielstruktur (PSMA) mittels PSMA-PET/CT durchgeführt werden, um abschätzen zu können, ob eine PSMA-Therapie sinnvoll und erfolgversprechend ist. Auch weitere Befunde beziehungsweise Bilder von Voruntersuchungen, wie diagnostische Computertomographie (CT) sind hilfreich, um die Indikation zu einer PSMA-Therapie zu stellen. Darüber hinaus sollte im Vorfeld auch eine Skelettszintigraphie erfolgen, um alternative Behandlungsoptionen zu überprüfen.
Ablauf der Therapie
Die Therapie wird intravenös über eine Venenverweilkanüle infundiert. Zuvor wird etwa eine halbe Stunde vor Therapie begonnen, die Ohrspeicheldrüsen zu kühlen, um die Anreicherung des radioaktiven Arzneimittels in den Speicheldrüsen und somit das Risiko einer Schädigung dieser zu minimieren. Vor der Therapie erhält der Patient zum Schutz der Nieren eine Flüssigkeitsinfusion und wird gebeten, ausreichend zu trinken. Ergänzend wird vorbeugend ein Medikament gegen Übelkeit gegeben. Das radioaktive Arzneimittel wird dann langsam über die Venenverweilkanüle injiziert.
Im Laufe des stationären Aufenthalts wird täglich die radioaktive Strahlung (die sog. „Dosisleistung“) des Patienten gemessen, und die erforderlichen Blutentnahmen werden durchgeführt. Am Tag der Entlassung erfolgt eine Ganzkörper-Szintigraphie, eine Bildgebung in der die Verteilung des PSMA-Liganden sichtbar gemacht wird. Hiermit wird überprüft, ob das radioaktive Arzneimittel auch das Tumorgewebe erreicht hat. Sobald die radioaktive Strahlung, die vom Körper des Patienten ausgeht, unterhalb eines gesetzlich vorgeschriebenen Grenzwertes liegt, kann der Patient entlassen werden. Die Dauer des stationären Aufenthalts beträgt in der Regel 3-4Tage.
Mögliche Risiken und Komplikationen
Insgesamt ist die Therapie gut verträglich. Gelegentlich kommt es zu Nebenwirkungen wie Übelkeit und Erbrechen (medikamentös behandelbar), Müdigkeit und Abgeschlagenheit (in der Regel vorübergehend), sowie Geschmacksstörungen und Mundtrockenheit (teils dauerhaft). PSMA wird sowohl über die Nieren als auch über die Leber und Gallenblase ausgeschieden. Daher muss auf eine ausreichende Darmaktivität geachtet und diese ggf. stimuliert werden. Gleichzeitig ist eine ausreichende Flüssigkeitszufuhr erforderlich. Die Leber- und Nierenwerte werden nach der Therapie weiter kontrolliert. Weitere Risikoorgane sind die Speicheldrüsen und die Tränendrüsen, in denen PSMA gebunden wird. Zudem kann es zu vorübergehenden Veränderungen des Blutbildes (rote und weiße Blutkörperchen, Blutplättchen) kommen.
Weiteres Vorgehen
In der Regel kann der Patient 3-4 Tage nach der Therapie aus unserer Klinik entlassen werden. Die zuweisenden Ärzte erhalten einen ausführlichen Arztbrief über die durchgeführte Therapie und über die erforderlichen Kontrollen der Laborparameter in den folgenden Wochen. In Abhängigkeit der Untersuchungsergebnisse sowie des Allgemeinbefindens werden in der Regel bis zu sechs Zyklen der PSMA-Therapie in jeweils sechswöchigen Abständen durchgeführt.