19.08.2024

„Augen auf“ bei der Suche nach Nahrungsmittel-Allergien

von
Nadja und Simon Klose
Funktionsoberärzte der Klinik für Kinder- und Jugendmedizin

 

Allergien im Kindesalter sind ein viel diskutiertes und gesellschaftlich relevantes Thema.

Betroffene Familien erleben häufig eine deutliche Einschränkung im alltäglichen Leben, sei es z.B. durch die gezielte Meidung bestimmter Nahrungsmittel, den organisatorischen Mehraufwand beim Besuch von KiTa und Schule oder durch die Angst vor einer möglichen, schweren allergischen Reaktion.

Vereinfacht bedeutet Allergie eine Überempfindlichkeit des Körpers auf einen normalerweise harmlosen Stoff der Umgebung, auf den das Abwehrsystem des Körpers unverhältnismäßig stark reagiert. Der Stoff selbst, der die Allergie, bzw. die allergische Reaktion auslöst, wird Allergen genannt. Viele Umgebungsstoffe können nach Kontakt mit dem Körper zu einer grundsätzlichen Bereitschaft des Abwehrsystems führen, allergisch reagieren zu können, eine Art „erster Schritt“ hin zur Allergie. Hierbei spricht man von einer Sensibilisierung. Dies bedeutet aber nicht, dass jede Sensibilisierung auch zu einer Allergie führt. Tatsächlich sind Sensibilisierungen weit häufiger als Allergien. Beispielsweise haben ca. 10% der Menschen in Deutschland eine Sensibilisierung für die Erdnuss, aber nur ca. 0,5% haben eine tatsächliche Erdnussallergie.

Das Problem für die Betroffenen besteht nun darin, dass ein Großteil der verfügbaren Untersuchungsmethoden eine Sensibilisierung nachweist und eben keine Allergie selbst. Gebräuchliche Verfahren wie „der Hauttest“ oder bestimmte Blutuntersuchungen beim Arzt sind hier gute Beispiele. Sie stellen nur ein Puzzleteil bei der Frage dar, ob tatsächlich eine Allergie vorliegt. Das zweite wichtige Puzzleteil ist die eigene Krankengeschichte. Wenn keine körperliche Reaktion auf einen Stoff aufgetreten ist, ist eine Allergie eben unwahrscheinlich. Am bereits genannten Beispiel der Erdnuss lässt sich dies gut nachvollziehen. Würde bei 200 Menschen in Deutschland ein Haut- oder Bluttest mit der Frage nach einer Erdnussallergie durchgeführt, würde bei 20 Menschen eine Sensibilisierung nachgewiesen werden. Allerdings hätte nur 1 dieser 200 Menschen eine echte Erdnussallergie mit zu erwartender allergischer Reaktion nach Genuss von Erdnüssen.
Hieraus lässt sich ablesen, dass ungezielte, „wir lassen das mal abklären“-Untersuchungen nicht sinnvoll sind, da so häufig Sensibilisierungen nachgewiesen werden, die keine gesundheitliche Bedeutung besitzen und im schlimmsten Fall zu einem Vermeidungsverhalten mit Einschränkung der Lebensqualität und im Falle von Nahrungsmitteln zu einem relevanten Nährstoffmangel führen können. Darüber hinaus werden z.B. über das Internet Untersuchungen angeboten, die teils mit großem finanziellem Aufwand für die Familien verbunden sind und bei der Beantwortung der Frage nach Allergien keinen medizinischen Wert besitzen.

Kann die Frage nach einer Allergie mit Krankengeschichte und Blut- bzw. Hauttest nicht abschließend beantwortet werden, ist im nächsten Schritt häufig ein Provokationstest nötig. Dies bedeutet, dass das fragliche Allergen, z.B. ein Nahrungsmittel, in einem medizinisch überwachten Umfeld in aufsteigenden Mengen angeboten wird, um nachzuweisen ob und bei welcher Menge die Betroffenen allergisch reagieren. Auch der Umgang mit einer allergischen Reaktion und die Gabe von Notfallmedikamenten kann hierbei, unter professioneller Anleitung, geschult und durchgeführt werden.

Fazit:

  • Ohne medizinisch begründeten Verdacht oder gesicherte Allergie sollte kein allgemeines Meidungsverhalten entstehen.
  • Bei der Frage nach Allergien ohne vorbestehende Beschwerden sollten ungezielte Untersuchungen vermieden werden. Eine Beratung durch den Kinder- oder Hausarzt sollte hier der erste Schritt sein.
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