21.12.2020

Mit Demenz im Krankenhaus

Fachkräfte der Demenzbetreuung geben Patienten im Boni Sicherheit

Etwa 40 Prozent der über 65-jährigen Patienten im Akutkrankenhaus leiden in Deutschland unter kognitiven Einschränkungen – Tendenz steigend. Nicht nur deshalb ist es wichtig, dass sich ein Krankenhaus auf die Bedürfnisse von Demenzpatienten einrichtet. Im Bonifatius Hospital Lingen gibt es daher seit Mai 2019 die Demenzbetreuung und seit diesem Jahr ein neu eingerichtetes Demenzzimmer.

Während viele an Demenz erkrankte Menschen in ihrem gewohnten Umfeld noch gut zurechtkommen, fehlt ihnen im Krankenhaus die Orientierung und Sicherheit. Starke Angst- und Unruhezustände sind nicht selten die Folge. Die pflegerische Abteilungsleiterin der Geriatrie, Eva Tavares, erklärt: „Demenzerkrankte sind in den meisten Fällen nicht in der Lage, sich an die recht starren Krankenhausstrukturen und standardisierten Verfahren anzupassen. Die Hektik im Klinikalltag, die fremden Menschen und die teils nicht unerhebliche Geräuschkulisse können nicht von ihnen bewältigt werden.“

Abteilungsleiterin der Geriatrie Eva Tavares (v. li.) mit den Fachkräften für Demenzbetreuung Nicole Herwing, Doris Lüttel, Marianne Hinken, Sarah Pischel und Claudia Geber (Demenzzimmer).

Den Pflegekräften auf den Stationen und den Mitarbeitenden in den Funktionsabteilungen fehlt oft die notwendige Zeit auf diese sehr individuellen Bedürfnisse dieser Patientengruppe einzugehen. Hier setzt die Demenzbetreuung an. Im Bonifatius Hospital ist sie der Geriatrie zugeordnet – mit aktuell drei, ab Januar sogar fünf, examinierten Gesundheits- und Kranken- bzw. Altenpflegerinnen mit entsprechender Fachexpertise. „Der Aufgabenschwerpunkt ist die Begleitung und Betreuung dementiell erkrankter Patienten, damit sie sich auch im Krankenhaus sicher und geborgen fühlen“, beschreibt Demenzexpertin Nicole Herwing ihre Arbeit.

Die Patienten werden von Aufnahme bis Entlassung begleitet

Kommt ein Patient ins Krankenhaus, bei dem eine Demenz bekannt ist, wird umgehend die Fachkraft der Demenzbetreuung kontaktiert, die dann den gesamten Aufnahmeprozess begleitet. Die Familienmitglieder werden mit in die Betreuung einbezogen. Auch ist die Gesprächsführung und Beratung pflegender Angehöriger ein Teil des Angebots. Gemeinsam wird dann die Station gezeigt und das Zimmer bezogen. Kalender und Piktogramme geben Orientierung.

Die Fachkräfte der Demenzbetreuung besuchen den Patienten täglich auf den jeweiligen Abteilungen. Hier unterstützen sie die Pflegekräfte in der Versorgung der demenziell Erkrankten. Das kann bei der Mobilisation sein oder dem Anreichen von Getränken und Speisen. Wichtig dabei ist insbesondere der Beziehungsaufbau zum Patienten. Eine ruhige Atmosphäre, spezielle Kommunikationstechniken und das Arbeiten ohne Zeitdruck schaffen ein wichtiges Vertrauensverhältnis. Auch bei Untersuchungen und Arztgesprächen kann immer eine Fachkraft der Demenzbetreuung hinzugezogen werden.

Betreuungszimmer als Mittelpunkt

Besonders im Bereich der Akutgeriatrie werden viele Patienten mit der Nebendiagnose „Demenz“ medizinisch und pflegerisch versorgt. Dort gibt es seit Beginn des Jahres ein extra eingerichtetes Betreuungszimmer. Im Alltag sieht das konkret so aus: Nach der grundpflegerischen Versorgung wird in Gemeinschaft gefrühstückt. Anschließend startet ein wechselndes Tagesprogramm, das individuell auf die Wünsche und die Bedürfnisse der Patienten ausgerichtet ist. Das besteht unter anderem aus Zeitungsrunden, sogenannten 10-Minuten-Aktivierungen mit z.B. Sitzfußball, kleinen Andachten mit der Seelsorge, singen oder basteln. Auch individuelle Patientenwünsche und aktuelle Feste werden berücksichtigt. So werden gemeinsam Stutenkerle und Brot gebacken, Weihnachtsdeko gebastelt oder der Tannenbaum geschmückt. Ein Betreuertablet kann genutzt werden, um auf dem Fernseher Videos oder Musik zum Mitsingen abzuspielen. Patienten, die sich in der Gruppe nicht wohlfühlen, werden einzeln betreut.

Vieles auch in Coronazeiten möglich

Normalerweise nutzen die Demenzbetreuung etwa sechs bis acht Patienten täglich – zurzeit sind es etwa drei bis vier. Die Größe des Betreuungszimmers macht es möglich, dass diese Patienten mit Abstand dennoch gemeinsam etwas machen können und das Gemeinschaftsgefühl trotz Corona erhalten bleibt. Das Zusammenkommen, die Beziehungsgestaltung zwischen Betreuungskraft und Patienten aber auch zwischen den Patienten untereinander, sowie die auf die Bedürfnisse angepassten Strukturen haben viele Vorteile. Eva Tavares und ihr Team bemerken, dass die Patienten seit Eröffnung des Betreuungszimmers ausgeglichener sind. Demenzerkrankte, die aggressiv sind oder weglaufen möchten, werden ruhiger, schlafen und essen besser. In sich gekehrte Patienten nehmen wieder aktiver am Leben teil und vernetzen sich mit anderen. „Allein durch die Beschäftigung am Vormittag haben sich diese Verhaltensweisen in vielen Fällen schon deutlich reduziert. Das wirkt sich auch in medizinischer Hinsicht aus.“, erklärt Tavares.

Zustand vor dem Krankenhausaufenthalt soll beibehalten werden

So könne oft auf fixierende oder sedierende Maßnahmen verzichtet werden. Komplikationen durch zum Beispiel Stürze und damit unnötig längere Verweildauern würden so reduziert. Ziel sei es, den Zustand vor dem Krankenhausaufenthalt wiederherzustellen. „Mit unserer Arbeit wollen wir den Genesungsprozess und die baldige Rückkehr in die gewohnte Umgebung unterstützen“, unterstreichen die Demenzexpertinnen Sarah Pischel und Marianne Hinke

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