17.01.2016

Operative Behandlung von krankhaftem Übergewicht

Ein operativer Eingriff ist für viele übergewichtige Menschen die letzte Hoffnung auf eine Gewichtsabnahme.

von Chefarzt Dr. Christoph Seidlmayer
Leiter des zert. Adipositaszentrums Emsland in Lingen

 

 

 

Die Operation kann nicht die Ursachen der Adipositas beeinflussen, sie ist zwar sehr wirksam, aber dennoch „nur“ symptomatisch. Die falsche Auswahl der Lebensmittel, die „Ess-Sucht“ oder eine möglicherweise vorhandene Anlage zum Übergewicht („guter Futterverwerter“) lassen sich nicht „wegoperieren“. Auch müssen Begleiterkrankungen weiter behandelt werden, so hormonelle oder seelische Erkrankungen. Die Operation ist also immer nur ein Steinchen im Mosaik! Der Chirurg ist nur Teil eines großen interdisziplinären Teams, allerdings ein oft sehr wichtiger.

Übergewicht ist letztlich die Folge einer gestörten Bilanz zwischen Energie-Zufuhr (Ernährung) und –verbrauch (Bewegung). Die Operation setzt daran an, die Energiezufuhr zu vermindern. Dies kann auf verschiedene Weise geschehen: Zum einen kann der Magen verkleinert werden, wie bei der Schlauchmagenoperation („Sleeve“), zum anderen die Verdauungsleistung herabgesetzt werden, oder die Kombination aus beidem wie beim Magenbypass.

Das Ausmaß der Gewichtsreduktion nach der Operation hängt vom Verfahren, aber auch von der Zuverlässigkeit der Nachsorge nach der Operation und der aktiven Mitarbeit der/s Betroffenen ab. Nach einer ersten Phase der raschen Gewichtsabnahme erreicht das Gewicht schließlich ein Plateau. Keine Angst: es kommt nicht zu einer ständigen Gewichtsabnahme wie beim „Suppenkaspar“ - das Gewicht pendelt sich meist bei einem „leichten“ Übergewicht ein.

Begleiterkrankungen des Übergewichtes, wie die Zuckerkrankheit, aber auch Bluthochdruck und Atembeschwerden, bessern sich nach der Operation rasch, oft sogar schon, bevor man den Gewichtsrückgang „sehen“ kann.

Fettabsaugung? Die Absaugung von Fett ist keine geeignete Option bei Übergewicht. Das Fettgewebe befindet sich ja vor allem nicht unter der Haut sondern in den inneren Organen. Aber nach der Gewichtsabnahme ist die Haut oft zu weit – dann kann diese überschüssige Haut in einer plastischen Operation entfernt werden.

Die konkrete Verfahrenswahl orientiert sich am Grad des Übergewichtes und an der individuellen Situation des Patienten. Auch müssen die technische Durchführbarkeit, das Risikoprofil und Begleiterkrankungen berücksichtigt werden. Die Indikation muss aber immer auch die Wünsche und Vorstellungen des Patienten berücksichtigen – soweit möglich.

Bei extrem übergewichtigen Menschen mit einem sehr hohen Risiko ist es sinnvoll, „Schritt für Schritt“ vorzugehen. So kann es sinnvoll sein, zunächst einen Magenballon zu legen, dann einen Schlauchmagen zu bilden und schließlich, nach der ersten Gewichtsabnahme als dritten Eingriff mit viel geringerem Risiko den Schlauchmagen in einen Bypass umzuwandeln, um so die Wirkung weiter verstärken zu können.

Vor der Operation müssen alle Risikofaktoren und wichtigen Begleiterkrankungen abgeklärt werden. Eine Magenspiegelung ist unumgänglich. Bei Übergewichtigen häufige Störungen der Atmung und der Herz- Kreislauffunktionen müssen behandelt werden, um das OP-Risiko möglichst gering zu halten. Auch weitere mögliche Kontraindikationen müssen überprüft werden – von chronisch entzündlichen Darmerkrankungen über hormonelle Veränderungen bis hin zu psychischen Störungen.

Auch wenn alle beschriebenen Eingriffe regelhaft als laparoskopische Bauchspiegelungs-Operation („Schlüsselloch“) durchgeführt werden, sind es doch große Operationen, die auch mit Risiken verbunden sind. Gerade bei Komplikationen, wie Undichtigkeiten der Nähte an Magen und Darm, die immer wieder auftreten können, zeigt sich die Kompetenz des erfahrenen Zentrums. In der Regel aber dauert der Krankenhausaufenthalt nur wenige Tage. Nach der Entlassung muss die ambulante Behandlung lückenlos angeschlossen werden.

Die Gewichtsabnahme nach der Operation hängt nicht nur vom OP-Verfahren, sondern vor allem auch von der Qualität und Zuverlässigkeit der Betreuung nach der Operation und der aktiven Mitarbeit der/s Betroffenen ab. Da Übergewicht eine chronische Erkrankung ist, gilt für die Nachsorge: „Lebenslänglich!“ So wie es „trockene Alkoholiker“ gibt, gibt es auch „dünne Dicke“, denn die zugrunde liegende Suchterkrankung bleibt bestehen und muss auf Dauer unter Kontrolle bleiben. Dabei kann die Operation helfen, aber nur in Verbindung mit einer strukturierten Nachsorge.

Die Operation wird von den Krankenkassen nur auf Antrag bezahlt. In der Sprechstunde des Zentrums erhalten die Patienten also auch Unterstützung bei der Antragstellung. Vorher erfolgt natürlich eine ausführliche Beratung und es werden die Maßnahmen zur Vorbereitung auf die Operation festgelegt – so wie dann später die Nachsorge. Die Mitarbeit in einer Selbsthilfegruppe, z.B. in den Adipositas-Selbsthilfegruppen in Lingen und Papenburg, gibt den Betroffenen Mut und Selbstvertrauen, durch den Austausch der Erfahrungen werden auch scheinbar unlösbare Probleme ganz klein.

„Wenn alles gut gegangen ist“, wird aus einem Menschen, der wahllos viel zu viel und das falsche gegessen hat, ein Gourmet, der sich das Beste heraussucht und genießt. So bleibt nicht nur die Freude am Essen erhalten, sondern die Freude am Leben wird erneuert. Die Lebensqualität wird durch die Besserung oder sogar das Verschwinden der vielen unangenehmen Folgeerkrankungen wie des Diabetes langfristig erhalten. So gesehen lässt sich Diabetes tatsächlich „wegoperieren“.

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