16.03.2020

Palliativmedizin: Was ist darunter zu verstehen?

„Nicht dem Leben Tage geben, sondern den Tagen Leben.“

von Prof. Dr. Eckhard Stüber
Chefarzt der Gastroenterologie und Diabetologie
Leiter der Palliativeinheit, Bonifatius Hospital

Seit den Achtzigerjahren des vergangenen Jahrhunderts nimmt die sogenannte Palliativmedizin zunächst in Großbritannien später dann aber auch in Deutschland in der öffentlichen Diskussion unter Fachleuten aber auch Laien einen immer größeren Raum ein. Der Begriff „palliativ“ leitet sich dabei von dem lateinischen Wort „pallium = der Mantel“ ab.

Von Palliativmedizin spricht man immer dann, wenn in den unterschiedlichen Fachbereichen der Medizin nicht primär die Heilung einer lebensbedrohenden Erkrankung oder zumindest der Zugewinn an Lebenszeit im Fokus steht, sondern vielmehr die Linderung von krankheitsbedingten Symptomen und damit die Verbesserung der Lebensqualität im Mittelpunkt der Bemühungen steht. Eine sehr berühmte und griffige Definition des palliativen Aufgabenbereichs, die die „grande dame“ der Palliativmedizin Cicely Saunders geprägt hat, lautet: „Nicht dem Leben Tage geben, sondern den Tagen Leben.“

Was bedeutet das nun für die alltägliche Praxis?

Zunächst einmal müssen alle Beteiligten (Patienten, Angehörige, Therapeuten) mit diesem Vorgehen – auch Therapiezielwechsel genannt – einverstanden sein. Des Weiteren ist – wie in anderen Bereichen der Medizin – zur Erreichung der Symptomkontrolle ein großes Team aus unterschiedlichen Berufsgruppen (Pflege, Physiotherapie, Ergotherapie, Seelsorge, Psychologie, Sozialdienst, unterschiedliche ärztliche Fachrichtungen) notwendig. Zwischenmenschliche Interaktionen – insbesondere Gespräche, aber auch Massagen, Wärmetherapien, Entspannungsübungen – treten in den Vordergrund. Dafür sind gute räumliche Voraussetzungen der Klinik sicherlich hilfreich. Eine weitere Voraussetzung ist auch die spezielle Schulung der Mitarbeitenden in palliativmedizinischen Themenstellungen. So gibt es für Ärzte, Pflegefachkräfte, Physiotherapeuten und Ergotherapeuten spezielle Weiterbildungsprogramme, deren Inhalte bei der Arbeit auf einer Palliativstation gut eingesetzt werden können.

Auf Palliativstationen sterben unwidersprochen viele Patienten, weshalb die Begleitung dieses Prozesses auch eine wichtige Aufgabe darstellt. Eine Gleichsetzung mit „Sterbestationen“ trifft jedoch nicht den Kern, da mehr als die Hälfte der Patienten in der Regel die Palliativstationen nach Besserung ihrer Symptomlast nach Hause oder in ein Hospiz oder in eine Pflegeeinrichtung verlassen.

Die Entlassung nach Hause wird von den allermeisten Patienten gewünscht und wird in vielen Fällen auch möglich durch den Einsatz eines multiprofessionellen Teams im ambulanten Bereich, das in Ergänzung zum Hausarzt und den ambulanten Pflegediensten bei der palliativen Betreuung von Menschen mit fortgeschrittenen und fortschreitenden Erkrankungen wichtige Aufgaben übernimmt. Diese Einrichtung heißt in Deutschland Spezialisierte ambulante palliativmedizinische Versorgung (SAPV). Abgerundet wird die Betreuung o.g. Patienten durch das ehrenamtliche Engagement speziell geschulter Mitglieder der regionalen Hospizvereine.

Wichtig ist der Palliativmedizin immer wieder darauf hinzuweisen, dass auch das Sterben ein Prozess des Lebens ist und als solcher auch von allen Beteiligten - soweit innerhalb der Grenzen der Erkrankung möglich - wahrgenommen und gestaltet werden sollte.

Die Palliativmedizin und die sehr erfolgreichen Bereiche der Medizin, die eine Heilung von Erkrankungen – oder zumindest deren Chronifizierung – anstreben, stellen damit aber auf keinen Fall Gegensätze dar: in der Palliativmedizin wird nur das Ende der irdischen Existenz des Menschen von Anfang mehr mitgedacht und das Leben in möglichst guter Qualität gestaltet.

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